Herzensbuch #15 | von zwei eigenwilligen Frauen

Wir alle haben sie. Bücher, die uns den Atem rauben, die uns träumen lassen und von denen man sich wünscht, sie würden nie enden. Absolut geniale Meisterwerke, die wir immer wieder lesen können und allen und jedem empfehlen, ob er oder sie es hören will oder nicht. Ganz klar, ich spreche von Herzensbüchern.
Genau zu diesen besonderen Geschichten hat sich Janika eine kleine Aktion ausgedacht. Immer am 20. jeden Monats stellt sie in kurzen, knackigen Worten eines ihrer absoluten Lieblingsbücher vor, in der Hoffnung, dass sich diese Liebe verbreitet und solche wunderbaren Bücher mehr Aufmerksamkeit bekommen Diese dürfen auch gerne schon ein paar Jährchen auf dem Buckel haben.

Auch diesen Monat habe ich mir lange überlegt, welches Geschichte wohl für die Herzensbücher im September passt und immer wieder kamen meine Gedanken auf dieses eine Buch zurück, dass ich erst vor einer Woche ausgelesen habe. Weil es einfach in diese Zeit passt, weil es unglaublich gut ist und mich komplett begeistern konnte. Die Rede ist von

Alte Sorten von Ewald Arenz

Als Liss im Weinberg steht und mit dem Hänger ihres Traktors kämpft, der sich mit dem Rad in einer Rinne verfangen hat, kommt plötzlich ein Mädchen den Berg hoch gestapft. Sie ist schwer bepackt und äusserst zornig auf die ganze Welt. Trotzdem bittet Liss sie um Hilfe und das Mädchen packt tatkräftig mit an. Kurzentschlossen bietet ihr Liss auch eine Übernachtungsmöglichkeit auf dem Hof.
Sally, die einfach losgelaufen und abgehauen ist, schäumt beinahe über vor Zorn auf ihre Eltern, die Therapeuten und einfach die ganze Welt, die sie nicht verstehen will. Sie nimmt Liss‘ Angebot an und bringt damit so einige Steine ins Rollen.

So beginnt die Geschichte dieser zwei unterschiedlichen und eigenwilligen Frauen, die ihren Platz in der Gesellschaft noch nicht so recht gefunden haben. Oder vielleicht auch gar nicht finden wollen.
Anfangs steht das Miteinander von Sally und Liss im Vordergrund, wie sie sich kennen lernen und immer mehr voneinander Preis geben. Über die Arbeit auf dem Hof findet Sally Ruhe, lernt wie Schnaps gebrannt wird, hilft bei der Wein lese oder sammelt die Eier im Hühnerstall ein. All diese Verrichtungen beschreibt Ewald Arenz in beinahe meditativer Gründlichkeit und Genauigkeit. So schafft es das Buch ganz viel Tempo nicht nur aus der Geschichte, sondern auch aus dem eigenen Alltag zu nehmen.
Wirklich wunderbar finde ich aber die Empathie mit der der Autor an seine Protagonistinnen heran geht. Die beiden Frauen sind so anders, als die Menschen um sie herum es gerne hätten. Von ihrem Umfeld werden Erwartungen und Vorstellungen an sie herangetragen, die dazu führen, dass sie sich eingeengt und falsch, nicht gut genug fühlen. Sie durchschauen ihre Mitmenschen schnell und wollen in deren Schmierenkomödien nicht mitspielen.

Alte Sorten ist wirklich eine wunderbar geschriebene Geschichte, die ganz genau hinschaut und die richtigen Fragen stellt. Auch wenn die Themen alles andere als einfach und zum wohlfühlen sind, so hat dieses Buch doch genau das geschafft. Ich habe mich in den präzisen Beschreibungen, dem feinen Humor und der alles in allem positiven Grundstimmung, die einem daran erinnert Tag um Tag zu nehmen, wohl gefühlt.

»Die meisten Leute hatten vergessen, dass auch im Herbst Dinge wachsen konnten; und dass man mit ihnen vorsichtiger umgehen musste, als mit denen, die im Frühjahr kraftvoll aus der Erde schossen.«

– aus “Alte Sorten“ von ewald Arenz, S.39

Alte Sorten | Ewald Arenz | Juli 2020 | Dumont Verlag | 256 Seiten

Weitere Meinungen

»Alte Sorten ist ein kleiner Schatz und ein Buch, das ich im Herbst an ganz viele Geburtstagskinder aus meinem Freundekreis verschenken und einigen lieben Menschen unter den Christbaum legen werde.« – Samtpfote mit Krallen

»Ein wunderbares Buch, nüchtern erzählt und dennoch voller Wärme. Wie der letzte schöne Spätsommertag, an dem ab und an eine Wolke die Sonne verdeckt.«femundo

»Alte Sorten ist ein Roman, der noch eine ganze Zeit nachhallt und vieles hinterfragt. Er macht Lust sich wieder mit ursprünglichen Dingen zu beschäftigen, die so sehr aus dem Fokus geraten sind.«Seitenwandler


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8 Antworten zu “Herzensbuch #15 | von zwei eigenwilligen Frauen”

  1. Huhu, spannend deine Rezension zu lesen.
    Das Buch würde mich vom Klappentext erstmal nicht ansprechen und für mich nach einer eher trockenen Geschichte klingen. Habe aber nun schon öfters zu diesem Buch Lob gelesen.
    Ich habe das aber im letzten Monat auch mit „der Pfau“ erlebt: ein Buch, bei dem ich einfach weiter gescrollt hätte, wenn ich nicht irgendwo „so lustig“ gelesen hätte. Und dann war es ein totaler Knaller!:)
    Ich schaue mir mal eine Leseprobe an:)
    Lg, Kathrin

    Gefällt 1 Person

    • Hallo,
      ich verstehe den Kommentar in Bezug zum Beitrag nicht. Inwiefern traust du dem Artikel nicht? Ich kann das irgendwie in Bezug zu einer Rezension mit einer persönlichen, subjektiven Meinung nicht einordnen.
      Grüessli, Daniela

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