Rezension | Dunkel – viel Luft nach oben

»Erst als Erwachsene hatte sie gelernt, was konstruktive Kritik bedeutete […]. Und nun empfand sie wieder diese Scham, einen Fehler gemacht zu haben.

Sie konnte das besser.«

– aus “Dunkel“ von Ragnar Jonasson, S.200

Dunkel | Ragnar Jonasson | aus dem Englischen von Kristian Lutze | btb Verlag | Mai 2020 | 384 Seiten

Ach Herrje, dieses Buch! Ich gebe es zu, ich habe meine liebe Mühe damit. Auch wenn einige Dinge durchaus anders und originell sind, so bin ich doch im Grossen und Ganzen einfach nur enttäuscht und kann den Hype um diese Trilogie (noch) nicht ganz nachvollziehen. Was folgt ist meine ziemlich unpopuläre Meinung zu Dunkel.

Kurz zum Buch

Hulda Hermannsdóttir ist Kommissarin bei der Isländischen Polizei und steht kurz vor der Pension. Von einem Tag auf den anderen soll sie all ihre laufenden Ermittlungen abgeben und einem jüngeren Berufskollegen Platz zu machen. Hulda geht das aber viel zu schnell, sie fürchtet sich davor, ohne Job zu Hause zu sitzen. Ihre Arbeit war immer ihr Lebensmittelpunkt und sie hat Angst vor der Einsamkeit und Langeweile. Daher wehrt sie sich und darf noch einen letzten Fall übernehmen, einen „Cold Case“. Hulda entscheidet sich für den Tod einer jungen Frau, der als Selbstmord eingestuft wurde. Sie ist sich aber sicher, dass ihr Kollege schlampig ermittelt hat und beginnt Nachforschungen anzustellen. Doch das, was sie aufwühlt, könnte ihr eigene Leben in Gefahr bringen.

Spannung Fehlanzeige

Seien wir ehrlich, die obige Zusammenfassung und auch der Klappentext auf der Verlagsseite lesen sich zwar spannend, lassen einem aber auch nicht erahnen, was an dem Buch denn nun neu oder so speziell sein soll, wie alle immer behaupten. Und hätte ich nicht zum vornherein gewusst, dass es sich hier um den Auftakt einer Trilogie handelt, die Rückwärts erzählt wird, ich hätte es nicht gemerkt. Vielleicht wäre es auch besser gewesen, ich hätte das nicht gewusst, dann würde ich mich jetzt nicht in einem Zwiespalt befinden. Dem Zwiespalt nämlich, ob ich die Trilogie doch noch weiter lesen soll, obwohl mir dieser erste Band – um es kurz und bündig zu sagen – nicht wirklich gefallen hat.
Für einen Thriller war mir Dunkel nämlich viel zu langweilig. Die Geschichte braucht unglaublich lange, bis sie zumindest ein wenig ins Rollen kommt. Und sobald sie das dann tut, ist der ganze Spuk wieder vorbei. Und auch der Fall an sich und Huldas Ermittlungsarbeit sind für versierte Thrillerleser*innen nichts neues. Hulda ermittelt in vielen, verschiedenen Richtungen und schneidet unterschiedliche Themen an, um sie dann wieder zu verwerfen. Ich gebe zu, der Autor vermochte mich doch auf die ein oder andere falsche Fährte zu locken, dennoch vermochte mich das Buch nicht zu fesseln und bei der Stange zu halten. Das Nächte lang durchlesen oder Seiten inhalieren, das in anderen Rezensionen beschrieben wird, trat bei mir nicht ein.

Eine schwierige Kommissarin und wenig Atmosphäre

Leider konnte dieses Spannungsdefizit auch nicht von gutgezeichneten oder sympathischen Protagonisten ausgeglichen werden. Hulda ist für mich absolut keine Sympathieträgerin. Sie ist eine einsame, etwas verbitterte Frau, deren Lebensinhalt ihr Job als Ermittlerin ist. Und während man zu Beginn aufgrund einiger Ereignisse in ihrer Vergangenheit noch ein wenig mit ihr leidet, so schwindet auch dieses bisschen Mitgefühl je mehr man über eben jene Ereignisse erfährt. Irgendwie vermochte ich nicht zu Hulda durchzudringen, ich glaube aber, dass in den nachfolgenden Bänden die Dämonen ihrer Vergangenheit noch eine gewisse Rolle spielen werden und das macht die Rückwärts erzählte Trilogie dann doch wieder irgendwie spannend.

Und leider bekundete ich auch mit dem Schreibstil und dem daraus resultierenden Manko an Atmosphäre so meine liebe Mühe. Der Thriller wurde aus dem Isländischen ins Englische und von dort dann ins Deutsche übersetzt, was meines Erachtens nicht die Beste Entscheidung war. Ich hatte das Gefühl, dass ganz viel von der Atmosphäre und den Dialogen in der Übersetzung verloren gingen. Irgendwie wollte bei Dunkel der Funken nicht auf mich überspringen.

Übrigens, Dunkel war das erste Buch, das ich mir im Sommer auf meinen neuen eReader von Pocketbook geladen habe.

Fazit

Ja, Dunkel von Ragnar Jonasson war für mich eine Thrillerenttäuschung. Mir fehlte es an Spannung und Atmosphäre und auch der Kniff mit dem Rückwärts Erzählen der Trilogie liess mich nicht in Begeisterungsstürme ausbrechen. GeschmacksacheMir wäre es fast lieber gewesen, ich hätte davon nichts gewusst, denn dann könnte ich dieses Buch abhaken. So aber muss ich mir überlegen, ob ich nicht doch noch den zweiten Teil zumindest anlesen will, da ich ja doch noch etwas interessantes zu Hulda erfahren könnte. Etwas dass sie mir ein bisschen näher bringen und ihre Art in ein anderes Licht rücken würde.
Ich kann den Hype um die Hulda Trilogie also noch ganz und gar nicht nachvollziehen, aber vielleicht werde ich von Band zwei eines Besseren belehrt. Sollte ich ihn denn überhaupt lesen.

Weitere Meinungen

»„Dunkel“ ist für mich ein Thriller, den ich eher als Krimi einordnen würde. Ganz solide, aber nicht so stark, wie ich ihn erwartet habe.«Die Liebe zu den Büchern

»Auch wenn mich diese Geschichte gut unterhalten hat, habe ich doch etwas mehr Raffinesse von diesem preisgekrönten Buch erwartet.«Booklovin

»Ob es sich nun tatsächlich um einen der 100 besten Thriller seit 1945 handelt, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Ich persönlich habe schon bessere gelesen, was ja aber natürlich nur mein persönlicher Geschmack ist. Ich hatte ein wenig mehr Spannung erwartet, ein bisschen mehr Tiefgang was die Nebencharaktere betrifft. Die Idee hingegen, die Trilogie rückwärts zu erzählen, finde ich einfach großartig und ich bin wahnsinnig gespannt darauf, wie es weiter geht.« Ivy Booknerd


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Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Pocketbook, der eReader wurde mir zum Testen zur Verfügung gestellt. 

7 Antworten zu “Rezension | Dunkel – viel Luft nach oben”

  1. Das deckt sich ziemlich mit meiner Meinung. Mir gefiel die Hauptfigur ebenso wenig wie die Tatsache, dass gerade diese Hauptfigur einen so großen Bereich des Buches einnimmt, dass der Fokus so sehr auf sie gerichtet ist. Dem gegenüber steht ein vergleichsweise unspektakulärer Kriminalfall.

    Zwar kann ich guten Gewissens sagen, dass der zweite Teil in jeder Hinsicht ein Fortschritt ist, den dritten Teil habe ich aber immer noch nicht gelesen und werde es vermutlich auch lassen.

    Gefällt 1 Person

  2. Hallo liebe Daniela

    Ich glaube, dass man diese Reihe entweder liebt, oder halt eben nicht. Ich lese nur komplett gegenteilige Rezensionen dazu und finde das eigentlich sehr spannend und werde die Augen nach gebrauchten Büchern offen halten. Vielleicht packen sie mich ja genau, man weiss nie, auf welche Seite man gehört, bis man es nicht ausprobiert hat ;-)

    Alles Liebe
    Livia

    Gefällt 1 Person

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