Quicktipp | Lästige Liebe – ein Buch, das mich verwirrte

»Betritt man die Wohnung eines vor kurzem verstorbenen Menschen, fällt es schwer, sie für unbewohnt zu halten. Häuser beherbergen zwar keine Geister, bewahren aber die Spuren der letzten Verrichtungen eines Lebenden.«
– S.30

Elena Ferrante | Lästige Liebe | aus dem Italienischen von Karin Krieger | Oktober 2018 (Erstveröffentlichung 1992) | Suhrkamp Verlag | 206 Seiten

Selten lässt mich ein Buch gleichermassen so fasziniert und verwirrt zurück wie das Lästige Liebe getan hat. Obwohl die Verwirrung ganz klar überwiegt, so faszinierte mich die Introperspektive und das Gnadenlose, Rohe der Geschichte dermassen, dass ich das Büchlein wirklich in Rekordtempo durchgelesen hatte.

Der Beginn des Buches ist noch einigermassen klar und geordnet. Eigentlich wollte Delia’s Mutter sie in Rom besuchen, doch dort kommt sie nie an. Ein paar Tage später findet man ihre Leiche im Meer, nur mit einem sündhaft teuren SpitzenBH bekleidet. Zur Beerdigung reist Delia nach Neapel und bleibt, denn sie will wissen, was mit ihrer Mutter passierte. Und von da an, nimmt das Chaos und meine Verwirrung ihren Lauf. Delia taucht nämlich ein in alte, schmerzhafte Erinnerungen, immer wieder verwischen Realität und Traum und die Grenzen zwischen den Personen.
Eins muss man Elena Ferrante wirklich zugute halten, sie nimmt kein Blatt vor den Mund und zeigt keine Angst vor schwierigen und kontroversen Themen. So geht es in Lästige Liebe ebenso um den gewalttätigen Vater, mafiose Strukturen, wie auch um Armut, Sex oder eine komplizierte Mutter-Tochter Beziehung. Es lässt sich also nicht von der Hand weisen, dass Elena Ferrante so einige Themen, um die sich ihre grosse Neapolitanische Saga dreht, bereits in diesem Büchlein anlegt. Die schwüle Hitze Neapels, hitzköpfige Jungspunde, schmierige alte Männer oder zeternde Mammas. All das erzählt sie in ihrer gleichzeitig sehr ausufernden aber doch irgendwie präzisen Sprache, die auch die grosse Saga zu einem solchen Leseerlebnis macht. Und so fühlte sich dieses Setting ein klein wenig an, wie nach Hause kommen.

Lästige_Liebe_1

Aber ehrlich, ich war dann doch froh, hatte dieses Buch nicht viel mehr als 200 Seiten. Denn obwohl das Setting so vertraut wirkt, stellt sich während der Lektüre ganz und gar kein Ferrantefever ein. Vielmehr verliert sich die Geschichte in wirren Reflektionen, Traumsequenzen und Rückblenden. Mehr als einmal habe ich in diesem Gedankenwirrwarr den Faden verloren und musste mehrere Seiten doppelt lesen. Und bis heute vermag ich nicht zu sagen, was eigentlich die Kernaussage der Geschichte sein soll, wahrscheinlich habe ich einige Bezüge übersehen und nicht alles so verstanden, wie es gedacht war. Wenn dieser Roman überhaupt irgendwie zu verstehen ist.

»Vielleicht war an diesen zwei ruhelosen Tagen letztlich nur die Verpflanzung dieser Geschichte von einem Kopf in den anderen wichtig, wie die eines gesunden Organs, das meine Mutter mir aus Liebe überlassen hatte.«
– S.159-160

 Fazit

So richtig kann ich keine Leseempfehlung für diese Geschichte von Elena Ferrante abgeben, da ich sie – sagen wir es deutsch und deutlich – nicht verstanden habe. GeschmacksacheOder nicht in dem Masse, als dass es das Buch zu einem Genuss werden liesse.
Allerdings führte mich Lästige Liebe doch auch zurück in ein Neapel, dass mir durch die Neapolitanische Sage lieb und vertraut geworden ist. Viele Themen, die in der Saga ausführlich behandelt werden, hat Elena Ferrante bereits in dieser Geschichte angelegt und sich heran getastet. Und so war die Lektüre doch auch irgendwie spannend und faszinierend. Aber alles in allem äusserst verwirrend.

Weitere Meinungen

»Man kann schon erkennen, dass Ferrante Potenzial hat, aber dieser Roman ist noch weit von den späteren Werken entfernt. Weder Handlung noch Figurenzeichnung konnten wich wirklich überzeugen und so bleibt ein sehr mittelmäßiges Fazit.«Miss Mesmerized

»Eine Empfehlung gibt es trotzdem, denn wer „Meine geniale Freundin“ und die Folgebände mochte und Ferrantes Erzählstil gut findet, der kommt sicher auch hier auf seine Kosten. Es geht wieder um eine verschwundene Person und um das Aufrollen vergangener Geschehnisse – nur in komprimierterer und noch nicht ganz so ausgereifter Form.«Ms Caulfield

»„Lästige Liebe“ ist  eine komprimierte, auf Innerliches verdichtete Version der Tetralogie. Sprache, Spannung, Konstruktion – auch hierin ähneln sich die Werke sehr. Beim Debütroman bleibt aber noch mehr im Dunkeln, im Ungewissen.«Literaturreich


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