Rezension | Lori Nelson Spielman – Morgen kommt ein neuer Himmel

Morgen kommt ein neuer Himmel | Lori Nelson Spielman | aus dem Amerikanischen von Andrea Fischer | Oktober 2015 | S.Fischer Verlag | 400 Seiten

»Männer in meinem Alter sind normalerweise verheiratet oder daten Zwanzigjährige. Im Dating-Menü des Lebens bin ich ein Speiserest.«

Erster Satz:
Stimmengemurmel dringt durch das Treppenhaus hinauf, undeutlich, irritierend, fern.

Klappentext:
Elizabeth weiss, dass sie sterben wird. Und sie weiss auch, dass ihre 34-jährige Tochter Brett in ihrem Leben nicht glücklich ist – trotz Freund, Wohnung und Job. Denn was ist mit Bretts einstigen Lebenszielen und Wünschen? In ihrem Testament fordert Elizabeth ihre Tochter dazu auf, ihr Leben komplett zu ändern und hinterlässt ihr mehrere Briefe. Brett ist fassungslos: Wie kann sich ihre Mutter derart in ihr Leben einmischen? Wütend, enttäuscht und verletzt liest Brett den ersten Brief – und ist überwältigt von der liebevollen und fürsorglichen Nachricht ihrer Mutter, die gespürt hat, dass Brett unglücklich ist.
Die Briefe ihrer Mutter rufen Brett dazu auf, ihre Träume nicht aufzugeben und ihr Leben in die Hand zu nehmen – denn nur sie selbst kann es ändern…

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»Warum nur fühlst Du Dich deiner eigenen Träume unwürdig?«

Idee/Umsetzung:
Der Klappentext tönt so vielversprechend, nicht? Eine Liste mit Lebenszielen einer 14-jährigen, aufbewahrt von der Mutter und just an der Testamentseröffnung taucht sie wieder auf und spielt fortan eine wichtige Rolle. Die Idee birgt so viel Potential, nur leider habe ich den Eindruck, dass dieses im Buch nicht ausgeschöpft wird.
In der Geschichte läuft alles glatt, die Hindernisse erscheinen mir nicht als wirkliche Hürden und irgendwie scheint sich alles zu ergeben und ineinander zu fügen. Irgendwann wurde es mir einfach zu viel, zu unwahrscheinlich, zu platt.
Und auch die Vorstellung, wie ein Mensch das Leben eines anderen aus dem Grab heraus diktieren kann, bereitete mir einiges an Mühe. Ich kann verstehen, was die Autorin uns damit sagen will, dass Brett und ihre Mutter eine solch innige Beziehung hatten, dass ihre Mutter Brett besser kennt, als sie sich selbst, aber Himmelherrgott nochmal, Brett ist 34 und sollte eigentlich in der Lage sein, ihren eigenen Weg zu gehen und ihre eigenen Fehler zu machen. Erst gegen Ende des Buches tauchen Aspekte auf, die die Motivation von Elizabeth etwas klarer und diese ganze Sache mit der Liste und den Briefen für mich verständlicher werden lassen.
Und das Ende muss ich gestehen ist ein weiterer Kritikpunkt. Als Leser bleibt man mit einigen Fragen zurück, wichtige Dinge werden nicht endgültig aufgeklärt. So entsteht der Eindruck, dass ein paar Seiten fehlen und einfach ein schnelles Ende her musste.

Schreibstil:
Lori Nelson Spielmans Schreibstil ist locker und flüssig. Das Buch lässt sich sehr leicht lesen, ist unterhaltsam, ein Pageturner. So erging es auch mir, man will einfach wissen, wie es weitergeht.
Die Sprache ist äusserst warmherzig und oft werden Sätze oder Worte eingebaut, die den Leser zum Schmunzeln bringen, oder das Gefühl von „Das kenn ich auch!“ hervorrufen.

»Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. ich krieche unter die Chenilledecke und kuschele mich ins Sofakissen. Als hätte ich gerade einen Kuss auf die Stirn und ein warmes Glas Milch bekommen.«

Manchmal fehlte mir allerdings etwas die emotionale Tiefe, die Vielschichtigkeit. Mit der Zeit hatte ich das Gefühl, alles schon einmal gehört und tausendmal gelesen zu haben.

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Charaktere:
Ich hatte meine liebe Mühe mit Brett. Ich hatte selten das Gefühl, dass ich von einer 34-jährigen Frau lese, oftmals wirkte sie nicht viel reifer als ein Teenager. Es schien mir die ganze Zeit so, als müsse sie sich erst noch finden, was aber irgendwie auch wieder verständlich ist, wenn man bedenkt, dass ihr ganzes Leben umgekrempelt wird. Trotzdem konnte sie mich nicht für sich gewinnen. Und wenn man bedenkt, dass sich ihr Charakter durch all diese Veränderungen nur minimal entwickelt, bin ich wirklich sehr enttäuscht.
Etwas greifbarer ist da Brad Midar, der Nachlassverwalter von ihrer Mutter. Er war mir wirklich von Beginn weg sympathisch und ich mag die Freundschaft, die sich zwischen ihm und Brett entwickelt.
Brett’s Familie hingegen ist wieder ein Abziehbild all dieser Schönen und Reichen und unter ihrer oberflächlich sympathischen Art blitzt immer wieder ihre snobistische Ader auf. Nein, dieses Milieu ist nun wirklich nicht meins.

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Cover/Innengestaltung:
Das Cover von „Morgen kommt ein neuer Himmel finde ich äusserst gelungen. Ich mag die starken Farbkontraste und die Symbolik hinter dem Baum auf dem Cover. Und bei näherer Betrachtung sind ganz viele kleine Details im Geäst zu finden, die sehr bedeutsam für die Geschichte sind.
Die Innengestaltung finde ich dagegen eher schlicht und schmucklos, da hätte man sich noch etwas überlegen können.

Fazit:
GeschmacksacheMehr als zwei Herzen gibt es von mir nicht und irgendwie tut mir das ziemlich Leid. Aber ich glaube aus meinen Ausführungen ging ganz klar heraus, dass diese Geschichte doch einige Schwächen aufweist, zumindest für mich. Schade!
Die Botschaft, die das Buch vermittelt, nämlich zu seinen Träumen zu stehen und dafür zu kämpfen, finde ich hingegen äusserst wichtig und wertvoll. Das hat dieses Buch auch etwas gerettet. Aber leider war das nicht genug.

 

10 Antworten zu “Rezension | Lori Nelson Spielman – Morgen kommt ein neuer Himmel”

  1. Interessant, dass wir bisher bei all den gerade von mir gelesenen Rezensionen einer Meinung sind. Dieses Buch hier konnte ich nicht zu Ende lesen. Es war mir zu albern, aufgesetzt und banal. Die Sieben Minuten nach Mitternacht waren irgendwie zwar berührend, aber doch nicht richtig überzeugend.
    Nur bei der Bücherdiebin wäre meine Wertung nicht ganz so hoch und bei Eleanor und Park wiederum einen Punkt höher. Letzeres liegt vielleicht daran, dass ich es im Original las. Vielleicht war da das mit dem Lesefluss besser …
    Lieber Gruß!

    Gefällt 1 Person

    • Das ist wirklich interessant :)
      Das kann natürlich sein, dass ein Buch im Original noch einmal ganz anders wirkt. Englisch ist von der Sprachmelodie her ja auch etwas anders als Deutsch.
      Herzlich, Nela

      Gefällt 1 Person

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